"Untergangster" des Abendlandes
Die „Untergangster“ (Karl Kraus) des Abendlandes - von FPÖ bis PEGIDA - mobilisieren europaweit immer mehr Menschen und verwandeln deren soziale Ängste in rassistischen Hass. Das Ressentiment findet rasante Verbreitung auch außerhalb rechtsextremer Milieus. Dem Schlachtruf „Kampf der Islamisierung!“ folgen auch Menschen, die zuvor den „Kampf der Überfremdung!“ als rassistisch ablehnten. Außerdem vermag das gemeinsame Feindbild früher verfeindete Nationalismen zu vereinigen: „Wir sind europäische Brüder, weil wir nicht islamisiert werden wollen!“ (Heinz-Christian Strache)
Was verbirgt sich tatsächlich hinter der zunehmend artikulierten Angst vor einer angeblich drohenden „Islamisierung“ – abgesehen von der Angst vor expansiver Religiosität?
Das antimuslimische Feindbild scheint ähnlich dem antisemitischen Züge eines „kulturellen Codes“ (Shulamit Volkov) anzunehmen: Mit ihm lassen sich heute die verschiedensten disparaten und bis zur viel zitierten „Wut“ gesteigerten Stimmungen transportieren und die massiven Erfahrungen von Entfremdung imaginär (am muslimischen „Fremden“) bewältigen. Der Mythos von der „Islamisierung“ erlaubt es vor allem rebellische Impulse mit dem Autoritarismus zu versöhnen. Damit kommt ihm heute zentrale Bedeutung in der ideologischen Vergemeinschaftung der Subalternen zu.