organisiert von: IG Arbeitsbedingungen DaZ DaF Basisbildung
Location: beim Innenministerium, Herrengasse/U3, 1010 Wien
Url: http://igdazdafbasisbildung.noblogs.org/post/2015/12/09/lehrendelernende-der-basisbildungdafdaz-gegen-die-geplanten-verscharfungen-im-asylgesetz-und-rassistische-integrationsmasnahmen/

Als Unterrichtende im Bereich Basisbildung/DaF/DaZ (Deutsch als Fremd- bzw. Zweitsprache) rufen wir zum Protest gegen die geplanten Verschärfungen im Asylgesetz sowie gegen den 50 Punkte – Plan zur „Integration“, der in einigen Punkten darauf abzielt, Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte durch rassistische Zwangsmaßnahmen zu entmündigen, auf. Gegen rassistische Gesetze und gegen die „Normalisierung“ rassistischer Verhältnisse

Die geplanten Asylgesetzverschärfungen sehen neue Hürden beim Familiennachzug sowie die zeitliche Begrenzung des Asylstatus für anerkannte Asylsuchende vor. Gleichzeitig begleitet ein rassistisch geführter „Werte“diskurs die Angriffe auf die Rechte von Migrant_innen und Geflüchteten.

Mit Sorge beobachten wir nicht nur einen massiven Rechtsruck („Integrations“debatte, insbesondere der aktuelle „Werte“diskurs, Asylverschärfungen, Anwachsen flüchtlingsfeindlicher und rechtsextremer Positionen im Parteienspektrum, etc.) in der Politik europäischer Staaten, sondern auch in den Köpfen vieler Menschen, wie sich etwa an den flüchtlingsfeindlichen und rechtsextremen Aufmärschen der letzten Monate zeigt.

Viele der Kursteilnehmer_innen, mit denen wir als Unterrichtende tagtäglich zu tun haben, sind vom geplanten „Asyl auf Zeit“ direkt betroffen: Zum einen die Menschen, die nach einer positiven Asylanerkennung mit Förderung durch den ÖIF (Österreichischen Integrationsfonds) Deutsch-Integrationskurse besuchen, zum anderen diejenigen, die sich noch im laufenden Asylverfahren befinden und zumeist über ermäßigte Kursplätze an DaF/DaZ-Kursen teilnehmen können, die sonst für sie unbezahlbar wären.

Wir fordern daher mehr subventionierte Deutschkurse und Förderungen im Bereich der Muttersprache bzw. den Erstsprachen, mehr Möglichkeiten für Frauen und Jugendliche freiwillig Deutschkurse zu besuchen sowie das Recht auf Kostenübernahme für Deutschkurse durch staatliche Träger für Menschen im laufenden Asylverfahren. Ebenfalls fordern wir bessere Bezahlung und bessere Beschäftigungsverhältnisse, da auch für uns als Unterrichtende der Status Quo äußerst prekär ist. Spracherwerb darf keine Frage individueller ökonomischer Möglichkeiten sein, Unterrichtstätigkeit muss angemessen entlohnt werden! Das mangelhafte Angebot an staatlich subventionierten Deutschkursen begünstigt, dass private Institute hohe Kursgebühren verlangen und zugleich Kursleiter_innen unter dem vorgesehenen Mindestlohn entlohnen! Zwar bieten zahlreiche solidarische Initiativen kostenlose Deutschkurse an und leisten so einen unverzichtbaren reproduktiven Anteil im Bereich Spracherwerb. Unbezahlte Arbeit, nicht selten bis zum Burnout, ist jedoch keine akzeptable Lösung, wenn der Staat sich weigert, Gelder für angemessen entlohnte Kurse locker zu machen. Wir sollten uns aber keinesfalls damit zufrieden geben, dass soziale Verantwortung, auch im Bereich Bildung und Spracherwerb, entsprechend dem neoliberalen Paradigma, auf ehrenamtliches, zivilgesellschaftliches Engagement abgewälzt wird.

Die von Minister Kurz geforderten „Werte“kurse für anerkannte Geflüchtete lehnen wir ab. Neben der Androhung von Kürzungen der Sozialleistungen (Mindestsicherung) bei Nicht-Teilnahme an dieser geplanten Zwangsmaßnahme, was eine ökonomische Erpressung für Betroffene darstellt, soll der „Grad der Integration“ („mangelnde“ Sprachkenntnisse sowie Kenntnisse der „Werte und Gesellschaftsordnung“) auch in Verfahren zur Rückkehrentscheidungen einfließen, was eine Abererkennung des Asylstatus bedeuten kann.

Als Deutschkursleiter_innen verweigern wir uns der von der Regierung vorgeschlagenen „Werte“vermittlung im Bereich des Deutschunterrichts. Wir sind nicht die verlängerte Instanz repressiver staatlicher Integrationspolitik und deren eurozentristischer Wertevorstellungen. Zwangsverpflichtung zu „Wertekursen“ entmündigt Menschen und konstruiert in kolonialrassistischer Tradition das Bild vermeintlicher kultureller und ethischer Überlegenheit „europäischer Gesellschaften“ gegenüber „den Anderen“.

Als Sprachvermittler_innen verwahren wir uns entschieden gegen eine inhaltliche Einflussnahme auf das Angebot von Sprachkursträgern und vertreten die Förderung der Mehrsprachigkeit anstelle einer Verabsolutierung der „Staatssprache“

Wir rufen alle Kursleiter_innen und Kursteilnehmer_innen an den verschiedenen Institutionen, Instituten, aus selbstorganisierten Initiativen und alle solidarischen Menschen und Initiativen auf, gemeinsam gegen die rassistische Asylgesetznovelle auf die Straße zu gehen.