Filmreihe Lanzmann | #1 »Pourquoi Israël« (F 1973)
Filmreihe Lanzmann | #1 »Pourquoi Israël« (F 1973)
Freitag, 17. März - Aula am Campus - Freier Eintritt
- 15:00 Uhr - Einlass
- 15:15 Uhr - Einführungsvortrag
- 16:00 Uhr - Filmvorführung
F 1973, 192 min, Mehrspr. OF mit engl. Untertiteln, digitale Projektion (DVD)
»Pourquoi Israël« ist der erste Film der sogenannten »Jüdischen Trilogie« des französischen Intellektuellen Claude Lanzmann. Er zeichnet darin ein vielfältiges Panorama des jungen israelischen Staates 25 Jahre nach dessen Gründung und lässt dabei Bürger_innen unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen zu Wort kommen. Lanzmann fängt in Form von Interviews Stimmen ein, die durch die Unterschiedlichkeit ihrer nationalen, politischen und religiösen Herkunft ein perspektivenreiches Bild einer Nation im Werden formen. Dadurch wagt er den Versuch, eine Antwort auf die Frage zu geben, was jüdische Identität in einem Land voller Widersprüche sein kann.
Claude Lanzmann wurde 1925 als Sohn jüdischer Eltern in Paris geboren und floh nach der deutschen Kriegserklärung im Oktober 1939 nach Brioude in Südfrankreich. Ab 1943 betätigte er sich als Internatsschüler in Clermont-Ferrand im kommunistischen Untergrund und kämpfte ab 1944 in der »MUR« (»Mouvements unis de la Résistance«). Nach Kriegsende verbrachte Lanzmann einige Jahre in Nachkriegsdeutschland, wo er in Tübingen Philosophie studierte und als Lektor an der Freien Universität Berlin unterrichtete, ehe er nach Frankreich zurückkehrte. Dort schrieb er ab 1952 für die Pariser Zeitschrift »Les Temps Modernes«, zu deren Gründer_innen Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir gehörten, mit denen ihn bald eine enge Freundschaft verband. Gemeinsam mit anderen französischen Intellektuellen engagierte er sich in der antikolonialen Bewegung, die sich als Reaktion auf den Algerienkrieg (1954–1962) gebildet hatte. Für seine journalistische Tätigkeiten bei »Le Monde« verbrachte Lanzmann ab 1952 vermehrt Zeit in Israel, das 1972 zum Gegenstand seines ersten Dokumentarfilms »Pourquoi Israël« wurde. Von 1974 bis 1985 reiste er durch Israel, die USA und Europa, um auf Initiative des israelischen Außenministerium einen Dokumentarfilm über die Vernichtung des europäischen Judentums zu drehen. Aus den 350 Stunden Filmmaterial entstand in 566-minütiger Länge »Shoah«, dessen Motive Zeitzeug_innen und historische Orte sind, wobei auf Archivaufnahmen gänzlich verzichtet wurde. 1991 bis 1994 entstand »Tsahal«, der von der Besonderheit der israelischen Armee handelt und den Abschluss der sogenannten »Jüdischen Trilogie« markiert. Lanzmann wirkt bis in die Gegenwart als Filmschaffender und als Herausgeber von »Les Temps Modernes«. Die deutsche Fassung seiner Autobiografie »Der patagonische Hase. Erinnerungen« erschien 2010 im Rowohlt-Verlag.
Der »Filmclub Tacheles« veranstaltet Filmreihen zu den Themen Judentum, Israel und Antisemitismus an der Universität Wien. Organisiert von Student_innen aus verschiedenen geisteswissenschaftlichen Disziplinen soll durch das Medium Film ein kritisches Interesse an den genannten Themen vermittelt werden.