Obama ist nicht schwarz. Die Crux mit der Identitätspolitik
Nachdem Barack Obama 2007 seine Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben hatte, wurden im afroamerikanischen Diskurs Stimmen laut, die meinten, Obama sei nicht „schwarz“, da „‚schwarz’“, so die afroamerikanische Autorin Debra Dickerson, „in unserer politischen und sozialen Realität [bedeutet], daß jemand von westafrikanischen Sklaven abstammt“. Die Rede von der Abstammung von westafrikanischen Sklaven versucht der gleichmacherischen Identifizierung durch Rassisten eine selbstbestimmte Identität („Abstammung von westafrikanischen Sklaven“) entgegenzusetzen.
Identitätskonstruktionen dieser Art bilden die Grundlage identitätspolitischer Diskurse, die heute linke wie rechte Debatten dominieren. Für Vertreter der Identitätspolitik ist das politische Feld durch die Differenz und Konkurrenz verschiedener kollektiver Identitäten geprägt. Aus einer linken, emanzipatorischen Sicht leugnet Identitätspolitik somit den Widerspruch zwischen Individuum und Gesellschaft bzw. zwischen Individuen und „ihrer“ Kultur. Und bedeutet die Preisgabe jeden Anspruchs auf Emanzipation der Gesellschaft als ganzer - anders gesagt: das Ende des linken Projekts.
Vortragende: Jeanne Wolff Bernstein (Psychoanalytikerin), Helmut Dahmer (Soziologe), Sama Maani (Schriftsteller, Psychoanalytiker)