Girl Bosses. Zur Frauenquote als Ideologie
Die Grünen fordern im deutschsprachigen Raum ihre Verschärfung, in einigen europäischen Ländern, inklusive Österreich, gilt sie bereits für Vorstände und/oder Aufsichtsräte privater Unternehmen, öffentliche Institutionen sind zu ihrer Umsetzung ob der Gesetze zu gender mainstreaming bereits seit Jahren verpflichtet: die Frauenquote und ihre Befürwortung gelten als dem feministischen common sense zugehörig. Großes Potential zur Gesellschaftsveränderung und Frauenförderung wird ihr im Rahmen des Diskurses zugesprochen: So soll sie sowohl dem Arbeitsklima in Unternehmen als auch deren Gewinn sehr zuträglich sein, eine Vorbildwirkung auf Mädchen und junge Frauen ausüben, die zur Reproduktion der Klasse(ninteressen) sozialisiert werden indem sie der feministischen Selbstverwirklichung als girl bosses nachgehen. Außerdem wird ihr im Hinblick auf die Präsenz von Frauen in der Führungsriege ein Normalisierungseffekt bei den vor allem männlichen Kollegen nachgesagt. Den Status Quo zementierende, jedoch gleichberechtigte Teilhabe, Chancengleichheit und Geschlechtergerechtigkeit sollen so erzielt werden. Abbau des Patriarchats: Ja! Das Umwerfen kapitalistischer Verhältnisse: Fehlanzeige!
Unter Bezugnahme auf die Thesen von Marx und Engels, die der Kritischen Theorie, aber auch Boltanski und Chiapello, Andreas Reckwitz, Nancy Fraser und einiger anderer soll dargestellt werden, wie im post- bzw. spätmodernen Kapitalismus die Frauenquote als Teil der Ideologie der liberalfeministischen Identitätspolitik als ein Bindeglied in der unheiligen Allianz zwischen Kapital und Feminismus fungiert. Es soll außerdem gezeigt werden, dass die Frauenquote – im Gegensatz zum mantrahaft betonten Diskursnarrativ der Orientierung am (weiblichen) Allgemeinwohl – mehr den Klasseninteressen der „Akademiker-“ und der „Oberklasse“ (Reckwitz 2018) dienlich ist als dem Großteil der weiblichen Arbeitnehmer.