Roundtable-Diskussion
„Bildung wird in Österreich vererbt“. Solch prägnante Schlagzeilen schaffen es vor allem dann auf die Titelseiten der österreichischen Presse, wenn Österreich etwa in OECD-Studien im Vergleich zu anderen Industriestaaten (wiederholt) unterdurchschnittlich abschneidet. Tatsächlich wird darin unter anderem evident, dass das österreichische Bildungssystem in auffälligem Maße durch ungleiche Verteilung von Bildungschancen eher bestehende sozioökonomische gesellschaftliche Verhältnisse reproduziert, anstatt breitgefächerte soziale Aufstiegschancen zu ermöglichen. Letztendlich gilt in Österreich immer noch: Besitzen die Eltern akademische Bildungsabschlüsse, so ist die Wahrscheinlich deutlich höher, dass der Nachwuchs in seiner Bildungsbiografie ebenfalls einen akademischen Abschluss erreichen wird.
Gleichzeitig werden in den öffentlichen Debatten um die Ursachen der verschiedenen Verfehlungen des österreichischen Bildungswesens gerne jene Bildungssysteme als vorbildhaft herangezogen, die in den besagten internationalen Testformaten und Studien regelmäßig besser abschneiden. Die Politik gerät dabei unter Druck, bildungspolitische Maßnahmen so zu setzen, damit sie in absehbarer Zeit bessere Ergebnisse liefern. Doch wird damit nicht zugleich die Gefahr einer zunehmend unkritisch betriebenen evidenzbasierten Pädagogik verkannt? Und: Wie wirkt sich dies auf die alltägliche Praxis der Lehrkräfte in den Klassenzimmern aus?
Fest steht jedenfalls, dass Menschen bereits beim Eintritt in die Elementarbildung über unterschiedlich hohe Kapitalsorten (im Bourdieuschen Sinne) verfügen. Dabei sind es meist nicht isolierte einzelne Marker, die darüber bestimmen, wer wie wann im Bildungssystem Selektion erfährt; vielmehr wohnt den ungleich verteilten Zugängen zu Bildungsangeboten eine Intersektionalität inne. Gerade Studierende, die etwa nicht aus Akademiker*innenhaushalten stammen, sehen sich dann im tertiären Bildungssektor mit vielfältigen Hürden konfrontiert. Einerseits weisen sie zwar schon einen sozialen Bildungsaufstieg auf, doch dadurch können sie umso mehr Praktiken des Klassismus ausgesetzt werden. Damit muss zwangsläufig nicht nur die Frage gestellt werden, inwiefern Erfahrungen der Ungleichheit während des Studiums den erfolgreichen Abschluss einer akademischen Bildung gefährden, sondern zugleich, wie sich diese darüber hinaus auf den Verlauf beruflicher Karrieren in der Wissenschaft und in anderen akademischen Berufsfeldern auswirken.