organisiert von: sans phrase - Zeitschrift für Ideologiekritik
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Auf dem 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Oktober 2022 sicherte sich Xi Jinping seine dritte Amtszeit als Generalsekretär – seit den Zeiten Mao Zedongs gab es keinen chinesischen Politiker mit einer solchen Machtfülle. Entschlossen skizziert Xi den »chinesischen Traum von der großen nationalen Renaissance«. Seit seiner Amtsübernahme 2012 ist er darum bemüht, Chinas wachsende ökonomische Potenz in eine zunehmend auch ideologische und kulturelle Gegenhegemonie zur menschenrechtsbasierten internationalen Ordnung zu übersetzen. Als wüsste Xi ganz genau um die ›Kultursensibilität‹ der identitätspolitisch sozialisierten jungen Generation im Westen, sendet er immer wieder die betont friedvolle Botschaft, »mit kultureller Überheblichkeit aufräumen« zu wollen, »um kulturelle Koexistenz zu ermöglichen.« Dem sekundiert der Staatsphilosoph Zhao Tingyang mit seinen Überlegungen zum angeblich integrativen antiken Herrschaftsmodell des Tianxia (dt.: »Alles unter dem Himmel«) aus der Zhou-Dynastie, das ein Gegenmodell zur ›kriegerischen‹ US-Hegemonie darstellen soll.

Der Vortrag will unter Rückgriff auf Reden und Ansprachen von Xi Jinping (die auch auf Deutsch in drei Bänden unter dem Titel China regieren erschienen sind) sowie Zhao Tingyangs Tianxia-Konzept ideologiekritisch die antiimperialistische Rhetorik untersuchen, mit der die chinesische Staatspropaganda den eigenen antiliberalen Herrschaftsanspruch zu verschleiern versucht. Was Tianxia im 21. Jahrhundert bedeuten könnte, lässt sich an Chinas aggressiven Ambitionen im pazifischen Raum ermessen. Was der russischen Despotie die Ukraine, ist der chinesischen Taiwan. Befeuert durch die eigene krisengeschüttelte Wirtschaftsentwicklung kooperieren China und Russland auf vielen Ebenen in dem Versuch, die liberale Weltordnung von innen heraus dauerhaft zu zerstören.