organisiert von: Woref
Location: Hörsaal 2, Hauptuni, Universitätsring 1 1010 Wien
Url: https://oeh.univie.ac.at/referate/working-class-students#s730

In Anlehnung an die US-Amerikanerin Heidi Hartmann, die 1981 den Ausdruck von der unglücklichen Ehe zwischen Marxismus und Feminismus prägte, sind auch Materialismus und Feminismus einen turbulente Beziehung eingegangen. Diese hat sich über die Jahrzehnte beruhigt, denn der aktuelle Hauptwiderspruch scheint nicht mehr zwischen Materialismus und Feminismus zu liegen, sondern zwischen materialistischem und queerem Feminismus. Wie ist es zu dieser Entwicklung gekommen?

Für materialistische Feminist:innen ist es entscheidend, das Verhältnis von Kapitalismus und Geschlechterverhältnissen zu analysieren, denn sie gehen davon aus, dass die Unterdrückung von Frauen untrennbar mit der Geschichte des Kapitalismus verknüpft ist. Pointiert findet sich das in der Hausarbeitsdebatte. Aus dieser Debatte lässt sich exemplarisch die feministische Kritik am historischen Materialismus ableiten, die auf einer Kritik der Marxschen Kapitalanalyse basiert.

Materialistischer Feminismus wird als Teil einer Theoriebildung sowie im weiten Sinne Teil einer politischen Praxis, die in gesellschaftliche Verhältnisse intervenieren will verstanden. In ideologiekritischem Sinne muss deshalb immer auch das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft bzw. Subjekt und Kollektivsubjekt innerhalb einer feministischen Bewegung geprüft werden, was sich von der Kategorie Frau zu FLINTA* (Frauen, Lesben, intersexuelle, nicht-binäre, trans und agender Personen) gewandelt hat. Da einige Strömungen des materialistischen Feminismus noch vor der Entstehung der Queer-Theorie argumentierten, dass der historische Materialismus es ermöglicht, Geschlecht als konstruiert zu verstehen, ist es sinnvoll diese Schnittmengen zu beleuchten.

Der Vortrag grenzt den marxistischen vom materialistischen Feminismus ab, gibt einen Überblick über die Entwicklung und die Hauptthesen des materialistischen Feminismus und plädiert für eine Interpretation des Materialismus, in der Geschlecht als konstruiert verstanden werden kann.