organisiert von: Gruppe für organisierten Antifaschismus [wien] // AG Antifa der Plattform Radikale Linke
Location: Weghuberpark (Ferdinand-Raimund-Denkmal), 1070 Wien

“Bei jedem Bummel floss Blut”, schrieb der österreichische Schriftsteller Stefan Zweig 1910, und meinte damit die Übergriffe deutschnationaler Burschenschafter auf jüdische Studierende während ihrer wöchentlichen Aufmärsche an der Universität Wien. Diese Übergriffe steigerten sich in den kommenden Jahrzehnten zu pogromartigen Zuständen. Schließlich erblickten die Burschenschafter im “Anschluss” Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland den “Traum der Deutschen Burschenschaft vom großen Reiche aller Deutschen”, wie die Verbindung Bruna Sudetia noch 1971 festhielt. Der Antisemitismus und der Hass auf alles Nicht-Deutsche der Burschenschaften ist dabei eine Quelle der späteren nationalsozialistischen Exzesse, die in der industriell betriebenen Vernichtung des europäischen Judentums mündeten.

Burschenschaften stellen heute auch kein Randphänomen dar, sondern bilden ein System, dass von einflussreichen Politikern bis hin zu Rechtsextremismus und Neonazismus auf der Straße reicht. So etwa ist seit den Nationalratswahlen im September 2024 der Burschenschafter Walter Rosenkranz (Libertas) der Präsident des Nationalrates. Rund ein Drittel der Nationalratsabgeordneten der FPÖ sind Mitglieder von Burschenschaften und auch sonst lässt sich – vom Neonazi Küssel bis zu dem neofaschistischen “Identitären” Martin Sellner  - kein namhafter Ideologe des österreichischen Rechtsextremismus ausmachen, der nicht dem korporierten Milieu entstammt.

Sie vertreten ein völkisch-nationales, antisemitisches, rassistisches, sexistisches und queerfeindliches Weltbild, dass auch immer weiter in die Mitte der Gesellschaft rückt. Immer wieder kommt es zu NS verherrlichenden Vorfällen, wie z.B. das Singen eines SS-Liedes bei der Beerdingung eines “Alten Herren” von FPÖ-Politikern und Burschenschaftern im September 2024.

Wenn wir aber den Antisemitismus von Burschenschaftern, von Rechtsextremen und rechten Parteien und Organisationen benennen, müssen wir gleichzeitig auch Antisemitismus als vielseitigeres Phänomen begreifen. Es ist die dringende Aufgabe einer emanzipatorischen Linken, dem Antisemitismus - egal ob dieser von Konservativen, Rechten und Rechtsextremen, von Islamist:innen, von Linken oder sonst wem propagiert wird - entschlossen entgegenzutreten.

Im Rahmen einer Gedenkdemonstration zum Tag der Auschwitzbefreiung am 27.01., gehen wir mit dem alljährlichen antifaschistischen Budenbummel am 28.01. um 18:00 Uhr auf die Straße. Wir wollen dabei allen Opfern der Shoah gedenken und gleichzeitig über die Gewalt aufklären, die durch die burschenschaftlichen Männerbünde immer noch vorhanden ist.

Wir wollen eine Gesellschaft, die frei ist von Herrschaft, Ausbeutung und Unterdrückung, in der alle ohne Angst verschieden sein können. Diese Gesellschaft gibt es nur jenseits von Staat, Nation, Patriarchat und Kapital. Für diese Welt lohnt es sich zu kämpfen - gemeinsam, entschlossen und vielfältig!