Moderne und Reaktion - Möglichkeiten einer Kritischen Soziologie am Beispiel des ‚Sogs des Dschihad‘
In den vergangenen drei Jahrhunderten hat sich die Soziologie als eine Reflexionsform der modernen Gesellschaft, mit ihren Krisen und Transformationen, herausgebildet. Innerhalb dieser Tradition ergreift nur eine Minderheit der Soziolog*innen politisch Partei und befasst sich mit der Lösung bedrohlicher sozialer Rätsel - sei es der Krisenzyklus, das unaufhaltsame Anwachsen sozialer Ungleichheit oder der persistierende Antisemitismus. Ihr Interesse ist es, solchen Phänomenen den Naturschein abzustreifen, indem sie ihre sozialhistorische Genese aufdecken und den Zeitgenossen zu Bewusstsein bringen. So ist auch das Erschrecken vor den Untaten der Armee des “Kalifats” in Syrien und im Irak und das Erstaunen darüber, dass die wahhabitisch-salafistische Bewegung auch Tausende von jungen Leuten aus den westlichen Wohlstandsoasen fasziniert, nicht einfach ein “menschliches”, sondern selbst erklärungsbedürftig. Unreflektiert bleibt es nicht “folgenlos”, sondern kann für die rassistische und kriegerische Mobilisierung weiterer Kreise der Bevölkerung instrumentalisiert werden.